Physik macht’s möglich: Naturgesetze für Kletterer

Kraft ist ausschlaggebend, doch auch mit wenig Einsatz von Muskelschmalz kann man im Klettern weit kommen. Denn: Der direkte Weg ist vielleicht nicht immer der einfachste. Dabei hilft auch die Physik mit.

Das sagen Lauriane Chomaz und Catherine Laflamme. Und die beiden müssen es wissen, sind sie doch nicht nur leidenschaftliche Kletterer, sondern auch Forscherinnen an der Universität Innsbruck am Institut für Experimentalphysik beziehungsweise am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation.

Geringer Kraftaufwand, maximales Ergebnis

„Ziel beim Klettern ist es nicht nur einfach, auf Biegen und Brechen die Schwerkraft zu überwinden“, erläutert Chomaz gegenüber sport.Tirol. „Gutes Klettern bedeutet, das mit möglichst geringem Kraftaufwand zu tun. Was dabei gut funktioniert und was nicht, lässt sich mit klassischer Physik erklären.“

Der erste Gegner ist die Schwerkraft. Sie zieht Kletterinnen und Kletter immer senkrecht nach unten. Dieselbe Kraft, die einen also in die Tiefe zieht muss man aufwenden, um nach oben zu kommen. Eine Regel der Physik: Sind einander entgegenwirkende Kräfte gleich groß, heben sie sich gegenseitig auf. Im Gegensatz zur Schwerkraft muss die Kraft der Kletterinnen und Kletterer aber in mehrere Richtungen wirken. Denn Wand und Fels sind manchmal schräg, Griffe abgewinkelt oder rund. Das braucht um einiges mehr Kraft, als einfach nur auf dem Boden zu stehen.

Reibungskraft: Dein Freund und Helfer

Die Reibungskraft ist im Gegensatz zur Schwerkraft nicht Feind sondern Freund im Klettersport. Ohne sie könnte man sich an besonders schrägen Griffen oder Tritten gar nicht halten, sondern einfach abrutschen. Hilfreich dabei ist die richtig Sohle an den Kletterschuhen und Magnesium, die beide die Reibung erhöhen. Zudem gilt: Je größer der Druck, desto größer die Reibung.

Welche der beiden Kräfte wirkt, ist übrigens egal. Sie müssen nur größer sein, als die Schwerkraft. Sonst holt die einen auf den Boden zurück.

Körper beschleunigen

Jetzt stehen wir erst einmal an der Wand, um uns bewegen zu können, müssen wir zusätzliche Kraft aufwenden. Einfacher macht es uns da die richtige Technik: „Ziel ist es, den eigenen Schwerpunkt mit einer fließenden Bewegung ohne Unterbrechungen von einer stabilen Ruheposition in die nächste zu verschieben“, beschreibt Catherine Laflamme.  Jede Pause, jede unbedachte Bewegung würde zusätzlich Kraft kosten. Physikalisch formuliert heißt es, den Körper gegen die Schwerkraft „zu beschleunigen.“

Eine weitere Herausforderung ist die Trägheit des Körpers. Ist er einmal in Bewegung, muss man ihn wieder abbremsen. Und das erfordert Kraft. Einfacher wird es, wenn man es schafft, den Körperschwerpunkt kontrolliert zu bewegen. Der ist etwa auf Höhe der Hüften. Wichtig ist das, um nicht auszupendeln. Das passiert etwa, wenn ein Griff weit oben ist, sich der Schwerpunkt verlagert und einen die Gravitation dann nach unten zieht. Der Körper schwingt nach links oder rechts, die Trägheit lässt sich nicht abfangen und man fällt. Es steigert übrigens auch die Effizienz, wenn man den Körperschwerpunkt so nah als möglich an der Wand hält.

Klettern mit Gefühl

„Das sieht man bei einem Sprung besonders gut“, schildert Chomaz. Nimmt man die richtige Absprungposition nicht mit den Hüften nahe an der Wand ein, springt man nicht nur nach oben, sondern auch von der Wand weg. Auch hier spielt die Gravitation eine Rolle: Weil sie entgegen wirkt, braucht es mehr Schwung, man sollte also einen Punkt über dem eigentlichen Ziel anvisieren.

Die Faustregel ist sowieso, alle Griffe so gut als möglich ausnutzen. Und die beiden beruhigen: Verstehen müsse man das nicht, um gut zu klettern, denn das sei vor allem eine Sache der Intuition.

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